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Symposium: Theater - Realität - Realismus
Audiodokumentation des Symposiums / Juli 2016

Das Verhältnis von Theater und Politik wird gegenwärtig diskutiert. Soll sich Theater engagieren? Soll es reflektieren? Oder ist die Frage schon falsch gestellt? In den Widersprüchen des eigenen Engagements verfangen hat sich eine Idee des Theaters, die Authentizität und Partizipation als Schlüsselbegriffe neuer Ästhetik wie sozialer Praxis etabliert hat. Diese Form des Bühnenengagements verbleibt ästhetisch allzuoft im Reportagenhaften. Die reklamierte Innovation verbleibt auf der Ebene technischer Effekte. Können so wirklich neue Wirkungen erzielt werden? Und hat nicht die performative Wende des Theaters mit der performativen Wende in den kapitalistischen Zentren die Aktivierung der Arbeitskraft und ihrer kreativen Reserven gemeinsam? Eine Rückkehr zum bürgerlichen Ästhetizismus kann es nicht geben; die historische Erfahrung des 20. Jahrhunderts hat den schönen Schein der Kunst nicht unberührt gelassen. Die Frage allerdings lautet: Wie ist ästhetische Verbindlichkeit möglich? Der Begriff des Realismus, der in der Debatte um Kunst und Politik im 20. Jahrhundert eine zentrale Stellung einnahm, scheint am Beginn des 21. Jahrhunderts vergessen. Doch in letzter Zeit wird wieder über (neuen) Realismus diskutiert. Kann es einen Realismus geben, der nicht die Unterordnung der Kunst unter Politik meint, wie es die historisch erfolgte Ideologisierung des Begriffs nahelegen mag? Und wie könnte ein Realismus beschaffen sein, der als vielfältige Methode auf die Ermöglichung einer gemeinsamen Erfahrung der Realität durch Kunst zielt, also im Theater eine Haltung des Publikums zur Bühnenkunst ermöglicht, die als Erfahrung der Subjekte ebenfalls für politische Situationen verbindlich sein kann? Realismus ist ein dialektischer Begriff, der seine Spannung zwischen Kunst und Wirklichkeit unter Beachtung ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede, ihrer vermittelten Wirkungen aufeinander, hat. Das Symposium »Theater Realität Realismus« widmet sich der Geschichte, der Gegenwart und dem Begriff des Realismus in Bezug auf das Theater. Die historischen Konstellationen des Begriffes sollen untersucht, seine gegenwärtige Bedeutung diskutiert und seine theoretischen Implikationen erörtert werden.

FREITAG 22. Juli

13 : 00 – 14 : 00
jakob hayner (berlin)
begrüßung und eröffnung

14 : 00 – 15 : 00
bernadette grubner (berlin)
realismus als ästhetischer kampfbegriff in exil- und ddr-literaturdebatten

15 : 00 – 16 : 00
frank m. raddatz
die explosion der utopie. heiner müller und die frage der gewalt

17 : 00 – 18: 00
sebastian tränkle (berlin)
the world is a stage, but the play is badly cast. thesen über theater und wirklichkeit.

18 : 00 – 19 : 00
tina turnheim (berlin)
against facts. brechts »realismus der möglichkeit« als waffe gegen vermeintliche sachzwänge, fatalismus und mangelnde vorstellungskraft im »kapitalistischen realismus«

20 : 00 – 22 : 00
bernd stegemann (berlin)
brechts »eingreifendes denken« und die chancen eines linkspopulismus

SAMSTAG 23. Juli

12:00 – 13 : 00
doris neumann-rieser (wien)
»das poetische element ist natürlich nichts unrealistisches!« realität und realismus im verständnis des dramatikers brecht

13:00 – 14:00
jens mehrle (berlin)
drama und theater. zu einem aspekt des realismus in peter hacks‘ »berlinischer dramaturgie«

15 :00– 16 :00
anja nowak (vancouver)
adorno: realismus in der verwalteten welt

16 : 00 – 17 : 00
kai köhler (berlin)
realismus und dramenform. ein widersprüchliches verhältnis

18 : 00 – 20 : 00
podiumsdiskussion mit den organisatoren und organisatorinnen. neuer realismus?