Mitschnitt des Vortrags von Jan Watzlawik vom 29.01.2010
Punk ist immer wieder eine „Herausforderung für die Hegemonie“ (Dick Hebdige). Er ist Katalysator diverser dissidenter Handlungstaktiken der künstlerischen Avantgarden des 20. Jahrhunderts und weist ein breites Repertoire an Protestpraktiken gegen die bestehenden Verhältnisse auf. Besonders deutlich wird dies in den kulturellen Materialisationen punktypischer Körper- und Kleidungsästhetik. Sie künden von der Subversion alltäglicher Symbole und Sachen und sind somit verobjektivierte Kritik an der Warengesellschaft.
Die Untersuchung der materiellen Kultur des Punk zeigt jedoch mehr: Der gesellschaftliche und individuelle Abgesang des „no future“ ist zugleich überlebens- und integrationsfähige Strategie. Die Zukunftslosigkeit zeigt sich als Zukunftsentwurf. Die Bewegung, im Sinne einer sozialen Avantgarde und somit als Motor der Masse, ist selbst treibende Kraft einer Rekuperation. Der symbolische Protest des Punk findet ebenso Niederschlag in Läden und auf Laufstegen – als Ware der Kritikgesellschaft.
Punk entpuppt sich als Bewegung im paradoxen Zustand gleichzeitiger gesellschaftlicher Gegnerschaft und Teilhabe. Der symbolische Protest bedeutet keinen Umsturz, sondern aktive Emanzipation mit Beeinflussungen der Mode und des Konsums.
Jan C. Watzlawik ist wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Kunst und Materielle Kultur der Technischen Universität Dortmund. Er forscht zu Mode-, Protest- und Konsumkulturen.