Mitschnitt des Vortrags von Magnus Klaue vom 04.02.2010
Seit einigen Jahren hat sich mit den sogenannten Emos eine neue Jugendkultur etabliert, über deren kulturrevolutionären Charakter spätestens seit Martin Büssers Emo-Sammelband Einigkeit besteht. Diese Einigkeit möchte der Vortrag in Frage stellen, indem die Emo-Kultur bezogen wird auf den Dandyismuskult der Jahrhundertwende, von dem sie wesentliche Attribute borgt, den sie jedoch zugleich um seine Radikalität bringt. Zelebrierte der Dandyismus, ebenso wie seine 'feminine' Variante, die Vampmode, eine paradoxe Einheit von Kälte und Verführung und einen Fetischismus der Maskerade, betreibt die Emo-Kultur die Sentimentalisierung des Dandys. Ruft der Dandyismus die Dialektik von Distanz und Nähe ins Gedächtnis, indem er die auf die Spitze getriebene Entfremdung als Voraussetzung der Befreiung begreift, möchten die kathartischen Selbstverwundungen und -entblößungen der Emos Entfremdung tilgen zugunsten einer neuen, postmodernen Empfindsamkeit. Anhand einiger Texten von Charles Baudelaire, Oscar Wilde, Georg Simmel u.a. soll der kritische Gehalt der dandytypischen 'Blasiertheit' (Simmel) erarbeitet werden, der von den Emos preisgegeben wird. Außerdem wird es um den Bedeutungswandel gehen, dem die Mode vom Dandy bis zum Emo unterliegt.
Magnus Klaue hat Germanistik, Philosophie und Filmwissenschaft studiert, an der FU Berlin gelehrt und über Else Lasker-Schüler promoviert. Derzeit arbeitet er an einem Forschungsprojekt zum Begriff der Idiosynkrasie und schreibt für zahlreiche Zeitschriften (u.a. Jungle World, Extrablatt, Konkret, Freitag und Bahamas).