Kunst
Spektakel
Revolution
K S R
Von der künstlerischen Komposition zur ästhetischen Abstraktion
Ästhetische Revolutionen zu Zeiten der Oktoberrevolution

Mitschnitt des Vortrags vom 09.11.2017

Als noch nicht sonderlich lange existierende moderne Verengung zuvor wesentlich weiter gefasster ästhetischer Produktionsformen auf einen industriell ausgeschlossenen Zweig gesellschaftlicher Folgenlosigkeit ist die Kunst ein Kapitalisierungseffekt. Und damit wären ihre Arbeitsformen ebenso wie die aller anderen modernen, industrialisierten Formen zu revolutionieren. Eben dies versuchte der russische Proletkult, eine Organisation die sich kurz vor der Oktoberrevolution in Leningrad gründete, und in den folgenden Jahren Studios in Fabriken ebenso wie an der Front eröffnete, mit dem Ziel eine allgemeine künstlerische Produktion zu eröffnen. Damit stand er, ebenso wie diejenigen die außerhalb Russlands an seine Programme anknüpften, wie etwa der von Karel Teige in Prag mitbegründete Poetismus oder Lu Märtens in Berlin verfasste Theorie des »Wesens und Veränderung der Formen (und Künste)«, im direkten Gegensatz zur Kunst- und Kulturpolitik des »orthodoxen Marxismus«. Im Vortrag soll es darum gehen diese Position nicht nur als vergangenen ästhetischen Radikalismus vorzustellen, sondern auch zu fragen warum sich die bürgerlich-kapitalistische ästhetische Beschränkung mit dem Namen Kunst sich bis heute so großer Beliebtheit erfreut.

Kerstin Stakemeier lehrt Kunsttheorie- und vermittlung an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg. Sie forscht zur Kunstgeschichte, insbesondere deren radikalen Strängen. Sie ist immer wieder an Ausstellungsprojekten beteiligt, so etwa Aktualisierungsraum oder Klassensprachen. Für die Realism Working Group schrieb sie mit Johannes Raether über »Die Art of Falling Apart – über den Realismus der Romantik«. In KSR N°1 schrieb sie über »Künstlerische Produktion und Kunstproduktion – Polytechnik und Realismus in der frühen Sowjetunion«.