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Den Mondschein töten
Futuristische Klangkunst und Performance zwischen Innovation und faschistischer Ästhetik
Vortrag von Irene Lehmann
Do 14.11.2024 - 19:00 Uhr
ACC Galerie Weimar (Burgplatz 1+2)

Avantgarde in der Kunst und politische Emanzipation werden oft zusammengedacht – doch gerade der italienische Futurismus, der am Beginn der europäischen Avantgarde-Bewegungen steht, wartet mit eine Reihe von Widersprüchlichkeiten auf: zentrale Künstler*innen unterstützten aktiv Mussolini und den italienischen Faschismus, verfassten mysogyne Manifeste und stellten eine betont anti-institutionelle Geste zur Schau, die im Widerspruch zur Bedeutung des Futuristmus für die Kunstgeschichte der Moderne zu stehen scheint. Der Futurismus umspannte alle Künste, startete als Modernisierungsprojekt und betrat in vielerlei Hinsicht ästhetisches Neuland.

In diesem Vortrag widme ich mich der Frage, wie Klangkunst und futuristisches Theater ins Feld dieser Widersprüchlichkeiten verwickelt waren – beide Anknüpfungspunkte für Performance und Sound Art im 20. und 21. Jahrhundert.

Anhand von Klangbeispielen, Bildern und dokumentarischen Berichten soll nachvollziehbar werden, welche ästhetischen Entdeckungen die Futurist*innen machten und wie sie unter anderem die Kunst des Skandals nutzten, um das Publikum in selten erlebter Weise zu erreichen – und womöglich dadurch anfällig wurden für Selbstüberhöhung und faschistische Unternehmungen. Wie können wir heute mit den Widersprüchlichkeiten dieser avantgardistischen Strömung umgehen? Lassen sich anhand der historischen Erfahrungen Kennzeichen entwickeln, um den Gradmesser einer emanzipativen Ausrichtung der Kunst zu schärfen?

Dr. Irene Lehmann ist Theaterwissenschaftlerin, freie Autorin und Dramaturgin. Sie studierte Theaterwissenschaft, Literaturwissenschaft und Philosophie an der Freien Universität Berlin und promovierte über Politik und Ästhetik in Luigi Nonos Musiktheater. Sie war PostDoc Fellow und Gastdozentin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Senior PostDoc an der Kunstuniversität Graz. Sie publiziert zu zeitgenössischem Musiktheater, Praktiken des Composing-Performing und politischen Aspekten von Neuer Musik und Performancekunst. Als Dramaturgin, Performerin und Autorin arbeitet(e) sie mit Pia Palme, Juliet Fraser, Simon James Philipps, Sagardía, Tereza Yakovyna, Magda Mayas, Christian Kesten, Heike Langsdorf, Alex Arteaga, David Helbich, Lou Grevensdorff, youarewarmlyinvited, C&H, Ignaz Schick u.a. zusammen. Für den LAFT Berlin co-kuratierte sie das Weiterbildungsprogramm 2023-2024 mit einem Schwerpunkt auf Digital Literacy, kollektive Arbeitsprozesse und Nachhaltigkeit. www.irenelehmann.com