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Erhard Lucas
und das Scheitern der deutschen Arbeiterbewegung
Gespräch mit Ulrich Peter
Do 23.11.2023 - 19 Uhr
ACC Galerie Weimar (Burgplatz 1+2)

Der Historiker Erhard Lucas (1937-1993) erforschte vor allem die Geschichte der Märzrevolution 1920 im Ruhrgebiet – den größten Aufstand in der Geschichte der Arbeiterbewegung – und bemühte sich um eine »grausam-gründliche« Aufarbeitung der damit verbundenen Erfahrungen. Seine Publikationen machen die Realgeschichte der deutschen Arbeiterbewegung bis zum Sieg des Nationalsozialismus bearbeitbar und verständlich – jenseits von aller Mythenbildung. Warum waren die Arbeiter desselben Industriezweiges in der einen Stadt selbsttätig und revolutionär, während sie in der Nachbarstadt auf Anweisungen »von oben« warteten?

Er suchte die Gründe dafür, weshalb die deutsche Arbeiterbewegung 1933 weitgehend kampflos unterging. Das »Scheitern der deutschen Arbeiterbewegung« (1970) führte Lucas nicht auf rein äußerliche Faktoren zurück. Seine Forschungsergebnisse führten ihn auf Probleme innerhalb der organisierten Arbeiterschaft selbst: unreflektiertes Geschlechterverhältnis, Fortschrittsgläubigkeit und Hyperrationalismus, heroischer Opferkult und Verdrängung des Todes.

Dabei verstand er »Arbeiterbewegung« nicht als Zusammenfassung von Großorganisationen, sondern als reale Selbst-Ermächtigung im marx'schen Sinne: »Die Arbeiterklasse ist revolutionär oder sie ist nichts« (Marx an Johann Baptist von Schweitzer, 1865). Ihn trieb die Selbsttätigkeit der Klasse um und er beteiligte sich deswegen nach dem Ende des SDS nicht am Aufbau von Parteien, die endlich die richtige Führung garantieren sollten.

100 Jahre nach der »Märzrevolution im Ruhrgebiet« hat der kleine, selbstorganisierte linke Berliner Verlag »Die Buchmacherei« das dreibändige, längst vergriffene Hauptwerk von Erhard Lucas neu gesetzt und mit einer Einleitung von Ulrich Peter wieder verfügbar gemacht. Parallel dazu publizierte der Verlag auch eine Neuherausgabe des Lucas-Buches »Vom Scheitern der deutschen Arbeiterbewegung«, ebenfalls eingeleitet von Ulrich Peter.

Über Erhard Lucas, seine Biographie, seine Schriften, die von ihm angestoßenen Fragestellungen und was wir heute noch von ihm lernen können, wollen wir mit Ulrich Peter ins Gespräch und eine kritische Diskussion kommen.

Ulrich Peter: Jg. 1952, Dr. phil., M.A., Dipl.-Päd. Pädagoge, Historiker, Sozialwissenschaftler. U.a langjährige Arbeit in der politischen Arbeiter- und Arbeiterjugendbildung im Ruhrgebiet und in Berlin. Seit 2016 im Ruhestand. Forschungsschwerpunkte: Geschichte der sozialen Bewegungen und der Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung, Nationalsozialismus, Kirchengeschichte und Freidenkerbewegung der Neuzeit sowie mecklenburgische und westfälische Landesgeschichte. Zahlreiche Publikationen zu diesen Themen.